
Der Tod eines Radfahrers in Berlin hat eine Debatte über Proteste von Klimaaktivisten ausgelöst. Das sagte sogar der UN-Sprecher.
Trotz des Todes eines Radfahrers nach einem Lkw-Unfall in Berlin protestieren Klimaprotestierende in der Hauptstadt weiter mit Straßenblockaden. Die Gruppe „Last Generation“ veröffentlichte gestern ein Foto der Aktion auf Twitter und schrieb: „Wir setzen die Blockade in Berlin fort.“ Gleichzeitig forderte er: „Haben Sie Mut. Unterstützen Sie uns!“.
Die Gruppe wurde nach dem Unfall, der zum Tod der Frau führte, heftig kritisiert. Viele Politiker forderten ein härteres Vorgehen, in den sozialen Netzwerken wurden Aktivisten angegriffen.
Hintergrund ist ein Spezialfahrzeug, das nach Angaben der Feuerwehr helfen sollte, Menschen zu befreien, die am vergangenen Montag unter einem im Stau steckenden Lastwagen verletzt worden waren. Sie soll durch Aktionen der „letzten Generation“ ausgelöst worden sein.
SZ: Der Notarzt hat die Lage eingeschätzt
Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete jedoch unter Berufung auf das Notfall-Memo, dass laut dem behandelnden Notarzt die Nichtverfügbarkeit des gerufenen Rettungsfahrzeugs keine Auswirkungen auf die Rettung der verletzten Frau hatte. Ungeachtet dessen, dass das Fahrzeug im Stau stand, entschied der Notarzt, den Lkw nicht anzuheben.
Der dreiseitige Zettel wurde vom Ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes unterzeichnet und liegt laut Bericht der Senatsverwaltung seit Anfang der Woche vor. Nach Angaben des Sprechers der Innenverwaltung, Thilo Cablitz, liegt den Behörden kein vollständiger Bericht, sondern nur vorläufige Informationen über den Einsatz vor. Darin seien erste Informationen über die Verspätung des Rettungsfahrzeugs enthalten, erklärte Calitz. Diese vorläufigen Informationen werden der Staatsanwaltschaft zur Verfügung stehen.
Gleichzeitig verwies der Sprecher auf die laufenden Ermittlungen. „Das Gericht ist für die abschließende Klärung aller Sachverhalte auf Grundlage von Auftragsgutachten und anderen objektiven Beweismitteln zuständig“, sagte Cablitz. Die Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat am Tag des Unglücks angekündigt: „Ob die Sperrung rechtswidrig ist, muss noch gerichtlich geklärt werden.“ Moralische Fragen sind anders.
Aktivisten kündigten weitere Schritte an
Die Gruppe „Last Generation“ sprach den radfahrenden Angehörigen ihr Beileid aus. „Wir sind schockiert“, sagte Sprecherin Carla Hinrichs. Gleichzeitig kündigten die Aktivisten weitere Maßnahmen an. „Die Bundesregierung muss unsere Proteste stoppen – sie hat die Krise jetzt im Griff. Bis dahin wird der Widerstand weitergehen“, sagte er in einer Erklärung. „The Last Generation“ kritisierte den Protest: „Welcher öffentliche Hass auch immer uns als Menschen begegnen kann, wird uns nicht davon abhalten, das einzig moralisch Richtige zu tun: nicht in einer wichtigen Krise zu bleiben, sondern anzufangen.“
Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte, die Grenze des legalen Protests sei erreicht, wenn die Gefahr für Menschenleben in Kauf genommen werde. Grundsätzlich unterstützt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) jedes demokratische Engagement. „Die Form des Protests, die wir jetzt sehen, besonders in dieser Woche, ist weder produktiv noch konstruktiv.“
„Wenn ein Protest die Sicherheit oder das Leben von Menschen gefährdet, ist das inakzeptabel“, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang. Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte der Funke Mediengruppe: „Wer durch Protest die Gesundheit und das Leben anderer gefährdet, verliert jede Legitimität und untergräbt auch die Klimabewegung selbst.“ Jede Form von Protest, die Menschen gefährdet, ist falsch.
Giffey zeigte sich traurig
Wie Polizei und Staatsanwaltschaft gestern mitteilten, starb der bei dem Crash lebensgefährlich verletzte Radfahrer am Donnerstagabend. Laut Polizei war der 44-Jährige zuvor für hirntot erklärt worden. Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey drückte ihre Trauer aus. Gleichzeitig erklärten SPD-Politiker auf Twitter. „Es bleibt die Pflicht von Polizei und Gerichten, seine Situation schnell und sorgfältig aufzuklären.“
Die Polizei ermittelte gegen zwei Aktivisten im Alter von 63 und 59 Jahren wegen fehlender Hilfeleistung oder Behinderung der Hilfe leistenden Person. Nach dem Tod der Frau werde geprüft, ob auch eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung in Betracht komme, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Zur Klärung der Todesursache wird eine Obduktion der Leiche des 44-Jährigen angeordnet. Entscheidend sei die Frage der Kausalität und wer wofür verantwortlich sei, sagte der Sprecher.
Die Berliner Feuerwehr rechnet damit, dass sich die Bergung der Frau um mehrere Minuten verzögerte, weil das Spezialfahrzeug im Stau feststeckte. Allerdings räumte der Sprecher ein, dass auch die Bildung der Rettungskette problematisch sei. Da die Technik nicht zur Verfügung stand, mussten die Retter am Unfallort nach Angaben der Feuerwehr improvisieren. Dies führt zu Verzögerungen. Ob es Auswirkungen auf die Gesundheit des Radfahrers hatte, sagte die Feuerwehr nicht.
UN generieren
Auch die UN-Sprecherin forderte Rechenschaft bei den Klimaprotesten – äußerte aber auch Verständnis für die Demonstration. „Menschen müssen loyal sein, aber sie müssen in jeder Situation verantwortungsvoll handeln, um zu vermeiden, dass andere körperlich Schaden erleiden“, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric gestern in New York. „Aber ich bezweifle, dass es Proteste geben wird, um die medizinische Behandlung zu verzögern.“
UN-Generalsekretär António Guterres teilte die Wut und Frustration der Demonstranten über die mangelnden Fortschritte im Kampf gegen die globale Erwärmung – ein wichtiger Protest. “Wir haben die Jugendbewegung vor ein paar Jahren gesehen und ich glaube nicht, dass wir ohne sie weitergekommen wären”, sagte Dujarric. (dpa)