Fußball-WM 2022: Freibier statt Public Viewing

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Von: Tanja Kipke

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Bier und Fußball: Bei der WM in Katar änderte sich, was für viele zusammengehörte.  Auch Bars in Bayern wollen das Turnier boykottieren.
Bier und Fußball: Bei der WM in Katar änderte sich, was für viele zusammengehörte. Auch Bars in Bayern wollen das Turnier boykottieren. © Oleksii Lukin/imago (Montage)

Die Initiative „BoycottQatar2022“ zeigt Bars und Fans Alternativen zur WM. Gastronomen wurden in Nürnberg kreativ: Es gibt Freibier statt Public Viewing und ein eigens gebrautes „Boykott-Bier“.

Nürnberg – „Fast alle lehnen das Turnier ab. Aber wenn der trübe November kommt, schalten Sie ein.“ Der Gastronom Boris Braun bringt das Grundproblem vieler Fußballfans auf den Punkt. Die Vergabe der WM ist höchst umstritten, und die Nachricht von Menschenrechtsverletzungen in der Gastgeberstadt Katar hat sie erschüttert. Wenige Tage vor Beginn der Veranstaltung reißt die öffentliche Kritik nicht ab. Wie realistisch ist ein großangelegter WM-Boykott?

Braun, Betreiber des Café Wanderer in Nürnberg, gehört zu denen, die aktiv gegen die WM kämpfen. In seinem Unmut und Frust über die Katar-Entscheidung stieß er auf die Initiative „Boycottqatar2022“ und war sofort Feuer und Flamme. Zu dieser WM prangte auf seinem Laden ein großes Banner mit ihrem Logo. Public-Viewing-Tipps suchen seine Gäste vergebens. Gegenteil Merkur.de von IPPEN-MEDIEN Braun erklärt, warum er der Katar-WM in seinem Restaurant keine Plattform geben will.

WM 2022 in Katar: Viele Clubs und Bars unterstützen den Aufruf zum Boykott

Boykott, aber wie? „Die Idee entstand vor etwa zwei Jahren“, erklärt Bernd Beyer von „BoycottQatar2022“ auf Nachfrage. Merkur.de. Dies ist ein “aktiver Boykott”. Bedeutung: „Wir haben uns mit der Politik und der Fifa über die Menschenrechtssituation in Katar befasst“. Nach außen zeigt sich der Protest vor allem in Bannern und Aufklebern mit dem Logo oder dem Slogan „BoikotQatar2022“. Der Appell der Organisation enthält folgende Kritikpunkte:

  • Fehlende Menschenrechte
  • Unwürdige Arbeitsbedingungen
  • Keine Fußballkultur
  • Handeln statt Fußball
  • Verdacht auf Korruption

Sie fordern: Klare Signale von DFB, Nationalspielern und Trainern zur politischen Lage in Katar. DFB-Star Leon Goretzka war der erste Nationalspieler, der das Regime kritisierte. Die Initiative ruft die Unternehmen außerdem dazu auf, keine Marketingaktionen im Zusammenhang mit der WM durchzuführen. Rund 150 Vereine, Organisationen und Kneipen aus ganz Deutschland sowie zahlreiche Privatpersonen unterstützen den Aufruf. Die meisten sind selbst große Fußballfans.

Sie demonstrieren ihren Widerstand, indem sie in Diskussionen und Stellungnahmen auf die unwürdigen Zustände aufmerksam machen und nicht an Public-Viewing-Veranstaltungen teilnehmen. “Das Motto für den Turniertermin vor Weihnachten 2022 lautet: Weihnachtsmann statt Adidas, Lebkuchen statt Fifa.”

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Sollten deutsche Politiker die WM in Katar boykottieren? Exklusive Bundestagsbefragung 100 Tage vor Beginn zeigt ein gespaltenes Bild.

Werfen Sie in Katar

Dieser Text ist Teil unserer Themenwoche zur Fußballweltmeisterschaft in Katar. In den nächsten Tagen werden wir zudem auf allen IPPEN.MEDIA-Portalen sportpolitische Hintergrundberichte zu Katar präsentieren.

“Boycottqatar2022”: Organisation bietet “Ideenbox” für alternative Veranstaltungen an

Zu einem konsequenten WM-Boykott gehört natürlich auch, die Spiele nicht privat anzuschauen. Die Initiative bietet deshalb eine „Ideenkiste“ als Alternative zum „Göbeln im Fernsehen“ an. Dazu gehören außerschulische Aktivitäten wie eigene Fußballturniere, Flohmärkte oder sogenannte „Boykottläufe“. Für drinnen schlagen sie vor, Fußballfilme zu zeigen, Lesungen und Quiz zu organisieren oder Konzerte statt Spiele zu veranstalten. Die Kampagne „No Qatar in My Pub“ fordert Pubs ausdrücklich zur Teilnahme auf.

WM-Boykott: Café Wanderer bietet Freibier an, um Fans von den „Fernsehern“ wegzulocken

„Alles, was fremd sein kann, ist fremd bei dieser WM.“ Damit spielt Braun nicht nur auf die „offensichtliche Korruption“ bei der Vergabe der Spielstätte und die Missachtung der Menschenrechte an, sondern auch darauf, dass die Stadien durch Klimaanlagen gekühlt werden.

Auch bei den letzten Turnieren übertrug er die Spiele immer in seinem Restaurant im Albrecht-Dürer-Haus. Die Spiele nicht zu zeigen, ist jedoch kein Boykott genug. Um Fußballfans zu gegebener Zeit wirklich vom Fernseher wegzulocken, hat sich der Nürnberger etwas einfallen lassen. „Bier geht immer, deshalb gibt es bei den deutschen Spielen, wo die Verlockung hierzulande am größten ist, ab Anpfiff Freibier.“

Aber der Protest hört hier nicht auf. Der politisch interessierte Teil der aktiven Fanszene des 1. FC Nürnberg hat angekündigt, zu einem der Gruppenspiele auf dem Platz vor dem Café zu erscheinen, um gegen die Fifa zu protestieren.

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WM 2022: Fast kein Public Viewing in Bayern geplant – zahlreiche Kneipen boykottieren auch Spiele

Auch in vielen anderen Bars und Restaurants verzichten Betreiber auf Live-Übertragungen. In Bayern sind die Public-Viewing-Angebote zur diesjährigen WM überschaubar. Das liegt zum einen daran, dass die Veranstaltungen oft im Freien stattfinden und es dafür einfach zu kalt ist. Andererseits verzichten viele bewusst auf eine Veranstaltung. So erlauben die Städte Nürnberg, Augsburg und Regensburg keine Public-Viewing-Veranstaltungen auf öffentlichem Grund und begründen diese Entscheidung mit der politischen Lage in Katar.

Auch in München werden die Fans diesmal nicht an allen bekannten Public-Viewing-Locations die Spiele verfolgen können. Das MAC Forum am Flughafen, das Park Café am Bahnhof und der Olympiapark werden in diesem Jahr nicht übertragen. Lediglich die Paulaner am Nockherberg haben eine Veranstaltung bei der Stadt angemeldet.

Bei der Übertragung der Spiele in Kneipen ist das Bild in der Landeshauptstadt durchaus gespalten. So entschied sich das Stadion an der Schleißheimer Straße – eine der bekanntesten Fußballkneipen Münchens – für die Übertragung der Spiele. „Der Hauptgrund ist, und wir sind ganz ehrlich, dass wir es uns nicht leisten können, für einen Monat zu schließen“, sagten die Betreiber im Gespräch mit dem Abendnachrichten. Die Backstage geht auch mit dem Live-Streaming der Spiele weiter. In der vivo-Bar etwa ist es diesmal ruhig, die Betreiber rechtfertigten ihren Sendeboykott mit dem „totalitären Regime“ in Katar.

WM-Boykott: Nürnberger Brauerei entwirft eigenes Protestbier

Das Nürnberger Restaurant wollte mehr tun. Da Braun hauptberuflich Brauereigeograph ist und er auch für die Nürnberger Bierbehörde einkauft, kam ihm die Idee, ein Protestbier zu brauen. Er fragte mehrere kleine Brauereien. Für die meisten war die Vorlaufzeit jedoch zu kurz. Doch die kleine Nürnberger Brauerei „Orcabrau“ war sofort begeistert. „Als Boris Braun vom Bierbüro Wanderer in Nürnberg den Vorschlag machte, war für uns sofort klar, dass wir das machen und ein Zeichen setzen wollen“, erklärt Brauer Felix vom Endt Merkur.de.

Mit einem eigens gebrauten Bier ein Zeichen gegen die WM 2022 setzen: das
Mit einem eigens gebrauten Bier ein Zeichen gegen die WM 2022 setzen: dem „Boycott Qatar“-Bier aus Nürnberg. © Café Wanderer/Orcabrau

Nürnberger Brauerei schließt sich Boykott an: „Anrufe mit unterdrückter Nummer“

Das „Boycott Qatar Beer“ ist seit dem 11. November im Online-Shop „Orcabrau“ erhältlich. Die Brauer entschieden sich für ein klassisches helles Lagerbier, „lecker und schmackhaft“, ein Bier, das gut zum Fußball passt. “Wir wollen die Botschaft mit unserem Bier transportieren.” Bier ist ein Gefühl und ein Etikett ist viel mehr als nur ein Aufkleber. Die Missstände in Katar können nicht einfach abgetan werden. „Wir wollen einfach etwas bewegen und nicht nur Malz, Wasser, Hopfen und Hefe zusammenwerfen, abfüllen und verkaufen.“ Aus ganz Europa liegen bereits Anfragen für das Bier vor.

Bier und Fußball… könnte emotionaler nicht sein, oder?

Bisher sind die Reaktionen auf das Protestbier von Kunden und Freunden überwiegend positiv. Allerdings gab es auch kritische Stimmen, wie vom Endt verrät. „Wir hatten Anrufe von gesperrten Nummern, die ‚Boycott Qatar Beer‘ ‚Slop‘ nannten.“ Auch einige negative Bewertungen. „Darüber liegen wir aber deutlich drüber“, gibt der Brauer gelassen zu. Es gibt immer „Nörgler“, wenn es emotional wird. “Und ich meine, Bier und Fußball … emotionaler geht es nicht, oder?”.

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Brauer wollen “Boykott-Bier” zu Fifa-Sponsor Adidas bringen: “Lasst uns die Glocke läuten”

Die Brauer erhoffen sich mehr als nur ein Zeichen: „Wenn die Mehrheit ihre Meinung zur WM öffentlich äußert, überlegen sich vielleicht die großen Sponsoren, ob sie noch bereit sind, viele Millionen in die Fifa zu investieren.“ Adidas und Puma in Herzogenaurach sind nur 20 Kilometer von der Brauerei entfernt. “Wir bringen auf jeden Fall eine Kiste Bier mit und klingeln.”

Boris Braun, der auch Einkäufer im Nürnberger Bierbüro ist, will das besondere Bier während der Deutschlandspiele in seinem Café ausschenken. 2000 Liter wurden gebraut. „Allerdings glaube ich, dass viele Gastronomen jetzt aufwachen und dann dieses Bier wollen und es auf Dauer nicht reichen wird.“ (Tick)

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