Frankfurter Schirn zeigt Ausstellung zu Pop-Art-Künstlerin Niki de Saint Phalle | hessenschau.de

Es gibt viel mehr als die „Nanas“: Im grauen Februar wartet die Schirn Frankfurt mit einer farbenfrohen Ausstellung über die Queen der Pop Art Niki de Saint Phalle auf – und stellt sofort alles auf den Kopf und wirft einen Schatten auf das, was wir bisher von der kennen Künstler.

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von
Katharina Kimpel

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Niki de Saint Phalle in der Frankfurter Schirn: Eine tolle Show


Blick in die Ausstellung Niki de Saint Phalle in der Schirn

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Im grauen Februar überrascht die Schirn Kunsthalle in Frankfurt mit viel Buntem und Lustigem eine Ausstellung über eine Künstlerin, die viele Menschen am ehesten mit ihren Nanas in Verbindung bringen, oft überlebensgroße, bunte und gebeugte Frauenskulpturen: Niki de Saint Phalle (1930-2002), eine der Hauptfiguren der europäischen Pop Art. Ich weiß schon alles, meinst du nicht? Langweilig langweilig?

Nicht einmal annähernd. In der umfangreichen Retrospektive auf den franko-amerikanischen Künstler hält die Schirn einige Überraschungen bereit, lässt das Herz höher schlagen und ermöglicht neue und spannende Perspektiven auf den Künstler.

Das knallt! Zu Beginn wird ein Foto gemacht

bam! Es beginnt mit dem Urknall. Ein 2,50 mal 1,50 Meter großes Gemälde, von dem die Farbe zu tropfen scheint, fällt als erstes ins Auge. Im ersten kleinen Raum vor der Ausstellung hängt „Tableau Tir“, das sogenannte Schießbild.

Und der Name ist Programm: Anfang der sechziger Jahre schuf Niki de Saint Phalle Werke wie Reliefs aus Draht, Plastik und Farbtüten, die sie mit einer Schicht weißen Gips überzog.

In einem perfekt sitzenden Schießanzug gekleidet, der die Künstlerin wie eine coole und sexy Superheldin aussehen ließ, feuerte die Künstlerin mit einem Gewehr auf ihre Gemälde, wobei die Farbbeutel platzten und die Farbe auf die Leinwand spritzte.

Diese fortschrittliche Aktionskunst war damals sensationell und brutal und zeigte die große Wut der Künstlerin, besonders gegenüber den Männern, die sie unterdrückten oder, wie ihr Vater, sogar misshandelten.


Die Arbeit "Tableau-Aufnahme" von Niki de Saint Phalle ist eine Schießszene: verschiedenfarbiges Schießpulver gleitet über eine Gipsleinwand.

Niki de Saint Phalle hat sich damals mit „Tir“ buchstäblich ins Freie geschossen und damit auch ihr progressives Weltbild gegen Krieg, Patriarchat, Frauenunterdrückung, Waffengewalt, privaten Machtmissbrauch und staatliche Aggression offenbart.

Es ist ein starkes Statement von Kuratorin Katharina Dohm, dieses riesige Shooting-Bild neben dem originalen Shooting-Kleid der Künstlerin an der Vorderseite der Ausstellung zu platzieren. Dabei ist von vornherein klar: Hier geht es nicht um schöne, runde, bunte Frauen, sondern um das Gegenteil und vieles mehr. Das war unerwartet!


Das Bild zeigt die Künstlerin Niki de Saint Phalle in einem weißen Bodysuit und schwarzen Stiefeletten vor Notre-DAme in Paris.  Sie hält eine Waffe.  Daneben ein Bild auf einer Staffelei.

Farbe, Farbe, Farbe: Cosmos Niki in der Schirn

Ein weiterer Eye-Popping-Effekt ist sicherlich die Farbe der Wand, die der Kurator für die Ausstellung gewählt hat: ein helles und leuchtendes Magenta, das so intensiv ist, dass Sie es körperlich fühlen können, das in intensives Purpur übergeht und schließlich in Pflaumenblau endet. Die Energie der Farbe wird sofort in den Kreislauf übertragen. Hallo wach, Wecker! Alle Sinne an, hier gibt es etwas zu entdecken!

Die Ostgalerie der Schirn ist diesmal ein langer und offener Raum; es wurden keine Wände errichtet. Die Bilder hängen auf ganzer Länge rechts und links an der Wand, die Skulpturen sind im Raum verteilt, teils offen, teils in Vitrinen.

Die ganze Farbenpracht ist auf den ersten Blick zu sehen – sie lässt sich aber erst Schritt für Schritt einfangen, wenn man in den Niki-Kosmos vordringt.


Die Arbeit von Niki de Saint Phalle zeigt drei rot bemalte Holzbretter, auf denen unter anderem drei weibliche Figuren, zwei Flugzeuge und Wolkenkratzer angedeutet sind.  Eine der Frauen ist als Braut verkleidet, eine andere bringt ein Baby zur Welt.

Bis auf die Eröffnung mit den Bildern der Dreharbeiten ist die Ausstellung chronologisch aufgebaut und zeigt rund 100 Werke aus allen Werkgruppen: Gemälde, Reliefs, Zeichnungen, Fotografien, Schriften und Skulpturen.

Die großformatigen Reliefbilder wie „Die rosa Krippe“ oder „Autel des Femmes“ sind eine Entdeckung und für viele Besucher der Schirn sicher neu. Sie sind kritisch, politisch, brutal, chillig und scheinen inhaltlich sehr aktuell zu sein.

Die Nanas sind, was sie scheinen

Und natürlich sind sie auch in der Ausstellung in der Schirn präsent: die Nanas. Schließlich sind sie das Markenzeichen der Künstlerin, sie haben Niki de Saint Phalle weltberühmt gemacht.

Es gibt dralle, verspielt bunte Frauenskulpturen mit großen Brüsten und Hüften, die von klein – zum Beispiel als Objekt für das Wohnzimmerregal – bis hin zu begehbaren und hausgroßen variieren, wie die Installation „Hon“. der Künstler schuf 1966 für das Kunstmuseum in Stockholm.

Für Niki de Saint Phalle waren ihre Zwerge Fluch und Segen zugleich: Einerseits schauten alle immer nur auf diese eine Idee und selten auf die anderen Werke. Als Bestseller brachten sie aber auch Geld für kleine Portemonnaies ein, mit denen die Künstlerin ihre anderen extravaganteren Projekte finanzieren konnte.


Blick in die Ausstellung Niki de Saint Phalle in der Schirn

Inhaltlich sind die Nanas zugänglicher und nicht so aufwändig wie beispielsweise das Schießen von Bildern. Sie meinen, was wir sehen: starke und glückliche Frauen, „vom männlichen und patriarchalischen Blick befreite Frauen“, wie Kuratorin Katharina Dohm es beschreibt.

Die klare Botschaft lautet: „Alle Macht den Frauen, es lebe das Matriarchat“. Mit den üppigen Proportionen nahm der Künstler die in den sechziger Jahren hochaktuelle Diskussion um Body Positivity vorweg. Als Feministin bezeichnete sich Niki de Saint Phalle jedoch nicht.

Lustige Tatsache für diejenigen, die in der Nähe von zu Hause sind

Zwischen den Gemälden und Skulpturen hingen auch Plakate in der Schirn. Einer von ihnen wirbt für eine Produktion des Staatstheaters Kassel. Tatsächlich entdeckte Niki de Saint Phalle das Theater schon früh und als Inspirationsquelle für ihre Kunst.

Eine prägende Zusammenarbeit mit Regisseur Rainer von Diez begann 1966 in Kassel mit der griechischen Komödie „Lysistrata“, für die sie Kostüme und Bühnenbild entwarf. 1968 schrieb Niki de Saint Phalle sogar ein Theaterstück. „I“ wurde auf der documenta 4 in Kassel gezeigt.


Blick in die Ausstellung Niki de Saint Phalle in der Schirn

Fazit: Der Winterschlaf ist vorbei!

Wer aus dem Winterschlaf erwachen möchte, geht in die Schirn Kunsthalle in Frankfurt. So viel Wut, Freude, Farbe, Kampfgeist, Kreativität, Energie und zum Nachdenken anregende moderne Impulse, so komprimiert in einem Raum, geschaffen von einem Mann – das ist eine großartige Erfahrung und Inspiration. Volle Frauenpower für alle: Der Winterschlaf ist offiziell vorbei!

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Niki de Saint Phalle
Schirn Kunsthalle, Frankfurt
3. Februar – 21. Mai
Digital für eine Ausstellung

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